Bundesverfassungsgericht kippt Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bei Rentenzahlungen einer privat fortgeführten Pensionskasse

In einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Urteil hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass auf den „privaten Teil“ einer vom Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis fortgeführten Pensionskassenversorgung keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen sind. Durch das Urteil wird eine wesentliche Schlechterstellung einer Pensionskassenversorgung im Vergleich zur Direktversicherung beseitigt. Bei Fällen, in denen der Arbeitnehmer aber nicht alleiniger Vertragspartner der Pensionskasse geworden ist (bspw. bei einer privaten Fortführung im Rahmen der Elternzeit), bleibt die doppelte Verbeitragung weiterhin zulässig.

Worum ging es in diesem Rechtsstreit?

In den konkreten Fällen waren die Beschwerdeführer über ihren Arbeitgeber bei einer Pensionskasse versichert. Die Satzung der Kasse sah vor, dass die Versorgung bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis freiwillig durch den Arbeitnehmer fortgesetzt werden kann, soweit er alleiniger Vertragspartner der Kasse wird.

Die Beschwerdeführer zahlten also nach ihrem Ausscheiden aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis viele Jahre private Beiträge in die Pensionskasse ein. Die nach Eintritt in den Ruhestand von ihr geleisteten Renten beruhen weit überwiegend auf diesen „privaten“ Einzahlungen. Die Beschwerdeführer sind pflichtversicherte Mitglieder in einer gesetzlichen Krankenkasse und sozialen Pflegeversicherung der Rentner, weshalb die Pensionskasse monatliche Beiträge abführt. Für die Berechnung dieser Beiträge legte die Pensionskasse die gesamte Rentenzahlung zugrunde, entsprechend dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.07.2014 (Aktenzeichen: B 12 KR 28/12 R und B 12 KR 25/12 R B 12 KR 26/12 R).

Beiträge wurden somit auch auf die Leistungen erhoben, die auf den privaten Einzahlungen der Beschwerdeführer nach der Beendigung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses beruhen. Die Krankenkassen und die angerufenen Sozialgerichte begründeten dies damit, dass Leistungen einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung, wie einer Pensionskasse, stets der bAV zuzurechnen und daher beitragspflichtig seien – unabhängig davon, auf wessen Beiträgen die Leistungen beruhen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Mit Beschluss vom 27.06.2018 (1 BvR 100/15, 1 BvR 249/15) hat das Bundesverfassungsgericht nun die langjährige Praxis der doppelten Verbeitragung von Leistungen aus einer privat fortgeführten Pensionskasse unter bestimmten Voraussetzungen gekippt.

Das Gericht rügte eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG. Leistungen einer Pensionskasse, die auf dem Anteil beruhen, der nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses von den Beschwerdeführern selbst „privat“ eingezahlt wurde, müssten ebenso wie Leistungen aus privaten Lebensversicherungen oder Direktversicherungen beitragsfrei sein. Für eine Ungleichbehandlung gebe es keinen hinreichenden Grund. Besondere Bedeutung kommt allerdings der vertraglichen Rechtsstellung des Versorgungsberechtigten zu. Wird er in seinem Vertrag nicht Vertragspartner bzw. Versicherungsnehmer, kann die Rechtsprechung nicht angewendet werden und es bleibt bei der „doppelten Verbeitragung“. Dies ist in der Praxis regelmäßig der Fall, wenn die Versorgung beispielsweise während einer unbezahlten Freistellung (z. B. während einer Eltern- oder Pflegezeit) privat fortgeführt wird. Die Folgen sind diesbezüglich jedoch mit der Direktversicherung identisch.

Fazit

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil innerhalb der betrieblichen Altersversorgung wieder etwas mehr Gerechtigkeit geschaffen. Die Entscheidung ist folgerichtig und entlastet viele Rentner, die ihre Altersversorgung auch nach einem Arbeitgeberwechsel privat fortgeführt haben.